Ich stelle zunächst den Entwurf „Verpasste Kindheit“ meines amerikanischen Freundes Merrill Lyew vor, der vor gut 40 Jahren mehrere Jahre in Deutschland gelebt hat. Es handelt sich um ein sogenanntes Drabble oder eine Miniaturgeschichte oder Fan Fiktion von genau 100 Wörtern, wenn man den Titel nicht mitzählt. Man führt den Leser in die Irre und am Ende ist die Pointe eine unerwartete Wende. „Vergangen“ ist dann die von mir überarbeitete Version.
Verpasste Kindheit
Bei der Hochschulanmeldung wurde ich zunächst aufgefordert, erst einmal Platz zu nehmen und zu warten.
Kurze Zeit später betrat ein Polizist das Büro und bat mich, ihn auf das Revier zu begleiten, es gäbe dort eine wichtige Angelegenheit zu klären.
Arglos folgte ich dem Polizisten, weil ich mir keiner Schuld bewusst war und hoffte darauf, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handeln könnte.
Ein älterer Offizier wühlte in staubigen Akten und zog kurz darauf ein vergilbtes Blatt hervor.
Es war ein Fahndungsplakat mit meinem Konterfei als fünfjähriges Kind.
Als gesuchter Kindesentführer stand unter einem Fahndungsfoto der Name meines Vaters…
Erläuterung:
Als Fehler sehe ich den Verstoß gegen die innere Logik der Fahndung an: Wenn jemand aktuell noch gesucht wird, muss das Fahndungsplakat griffbereit sein (im Regal), auch wenn es alt (vergilbt) ist.
Die Überschrift schien mir nicht zum Text zu passen, ich denke eher an „Zeitreise“ o.ä.: dass die Vergangenheit plötzlich gegenwärtig wird. Ich habe „Vergangen“ gewählt, weil das zwischen „Vergangenheit“ und „Vergehen“ (= Verbrechen) changiert.
Die anderen Änderungen betreffen Kleinigkeiten:
Vergangen
Im Sekretariat der Hochschule wurde ich gebeten, erst einmal Platz zu nehmen und zu warten. Kurze Zeit später betrat ein Polizist das Büro und forderte mich auf, ihn auf das Revier zu begleiten, es gebe dort eine wichtige Angelegenheit zu klären.
Arglos folgte ich dem Polizisten, weil ich mir keiner Schuld bewusst war; ich nahm an, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handelte.
Im Polizeibüro holte ein älterer Wachtmeister eine Akte aus dem Regal und zeigte mir ein vergilbtes Blatt – ein Fahndungsplakat mit meinem Konterfei als fünfjähriges Kind. Unter einem Fahndungsfoto stand der Name des gesuchten Entführers: meines Vaters…
Merrill Lyew hat sich für den Titel „Die Anmeldung“ entschieden, weil „Vergangen“ sich so anhöre, als hätte sich der Vater am Kind vergangen. - Die Erzählung beruht auf einer Begebenheit in den USA, wo ein Vater nach der Scheidung sein Kind entführt hatte und untertauchen konnte; erst bei der Immatrikulation des Kindes sind die Behörden auf Unstimmigkeiten gestoßen.
Verpasste Kindheit
Bei der Hochschulanmeldung wurde ich zunächst aufgefordert, erst einmal Platz zu nehmen und zu warten.
Kurze Zeit später betrat ein Polizist das Büro und bat mich, ihn auf das Revier zu begleiten, es gäbe dort eine wichtige Angelegenheit zu klären.
Arglos folgte ich dem Polizisten, weil ich mir keiner Schuld bewusst war und hoffte darauf, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handeln könnte.
Ein älterer Offizier wühlte in staubigen Akten und zog kurz darauf ein vergilbtes Blatt hervor.
Es war ein Fahndungsplakat mit meinem Konterfei als fünfjähriges Kind.
Als gesuchter Kindesentführer stand unter einem Fahndungsfoto der Name meines Vaters…
Erläuterung:
Als Fehler sehe ich den Verstoß gegen die innere Logik der Fahndung an: Wenn jemand aktuell noch gesucht wird, muss das Fahndungsplakat griffbereit sein (im Regal), auch wenn es alt (vergilbt) ist.
Die Überschrift schien mir nicht zum Text zu passen, ich denke eher an „Zeitreise“ o.ä.: dass die Vergangenheit plötzlich gegenwärtig wird. Ich habe „Vergangen“ gewählt, weil das zwischen „Vergangenheit“ und „Vergehen“ (= Verbrechen) changiert.
Die anderen Änderungen betreffen Kleinigkeiten:
Vergangen
Im Sekretariat der Hochschule wurde ich gebeten, erst einmal Platz zu nehmen und zu warten. Kurze Zeit später betrat ein Polizist das Büro und forderte mich auf, ihn auf das Revier zu begleiten, es gebe dort eine wichtige Angelegenheit zu klären.
Arglos folgte ich dem Polizisten, weil ich mir keiner Schuld bewusst war; ich nahm an, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handelte.
Im Polizeibüro holte ein älterer Wachtmeister eine Akte aus dem Regal und zeigte mir ein vergilbtes Blatt – ein Fahndungsplakat mit meinem Konterfei als fünfjähriges Kind. Unter einem Fahndungsfoto stand der Name des gesuchten Entführers: meines Vaters…
Merrill Lyew hat sich für den Titel „Die Anmeldung“ entschieden, weil „Vergangen“ sich so anhöre, als hätte sich der Vater am Kind vergangen. - Die Erzählung beruht auf einer Begebenheit in den USA, wo ein Vater nach der Scheidung sein Kind entführt hatte und untertauchen konnte; erst bei der Immatrikulation des Kindes sind die Behörden auf Unstimmigkeiten gestoßen.